Früher bezeichneten sich die Armenier stolz als die „erste christliche Nation“. Diesen Titel hören sie immer noch gern, doch meist sehen sie sich als das „vergessene Volk“. Das Land am Rande Europas und Asiens wird von der Welt kaum wahrgenommen. Wer heute in Armenien lebt, steht vor großen Herausforderungen: Mehr als ein Viertel der Bewohner lebt unterhalb der Armutsgrenze – viele sogar in extremer Armut. Besonders betroffen sind Familien mit Kindern.
Die Schäden des Erdbebens von 1988 sind noch immer überall zu sehen. Viele Armenier leben in beschädigten Häusern oder gar Containern. Das ist besonders in den kalten Wintern sehr beschwerlich. Durch die hohe Arbeitslosigkeit im Land suchen viele Familienväter im Ausland nach Arbeit. Sie lassen unversorgte, allein erziehende Mütter zurück. Etliche Männer kehren nicht zurück. Sie haben ein besseres Leben gefunden und brechen den Kontakt nach Hause zur Familie ab.
Im Krieg um Bergkarabach, der seit Ende der 80er-Jahre schwelt, eroberte Aserbaidschan 2020 große Teile des Gebiets. Dies wurde in einem verordneten Waffenstillstand festgeschrieben. Im September 2023 entschied Aserbaidschan die Auseinandersetzung endgültig für sich. Monatelang hatte es die Enklave blockiert, Lebensmittel wurden knapp und Medikamente waren nicht mehr vorhanden. Nach einem militärischen Angriff mit zahlreichen Toten flohen fast alle 120.000 Armenier aus ihrer Heimat. Diese Geflüchteten verschärfen jetzt die ohnehin angespannte Situation in der Kaukasus-Republik. Weil sich weder Russland noch der Westen auf ihre Seite stellen, wächst seitdem die Angst im Land, dass die aserbaidschanische Eroberung weitergehen könnte.
Als der offene Laster mit den Schafen auf ihren Hof fährt, können sie es erst gar nicht glauben. Und dann laden die Fahrer die 17 Tiere ab. Die drei Kinder Narek, David und Hovsep strahlen vor Freude, stürmen auf die Schafe zu und streicheln begeistert das weiche Fell. Die Eltern schauen mit Tränen in den Augen zu. Endlich ist wahr geworden, was sie sich so sehr wünschten. Jetzt hat der kranke Vater Stepan eine Aufgabe, die er bewältigen kann und vor allem eine Einkommensquelle. Auch seine Frau Armenuhi freut sich riesig. Sie kann die Schafe melken und aus der Milch Käse, Butter und Joghurt herstellen und so auch zum Familieneinkommen beitragen.
Stepan und Armenuhi wohnen seit vielen Jahren in einem Container am Sewansee, dem größten See Armeniens.Die Landschaft ist malerisch, aber die Familie führt dort ein hartes Leben. Waschmaschine, Dusche und Toilette gibt es nicht. Im Sommer ist es im Container brütend heiß, im Winter bitterkalt. Sie träumen von einem richtigen Haus, aber dieser Traum scheint unerreichbar. Auf dem Grundstück bauen sie Gemüse und Obst selber an, denn zum Einkaufen fehlt das Geld. Die drei Jungen gehen alle gern zur Schule, obwohl sie jeden Tag etwa 40 Minuten dorthin laufen müssen. Vater Stepan ist krank und kann deshalb nicht regelmäßig arbeiten. Einmal im Monat besucht ihn ein Arzt, der die nötigen Medikamente mitbringt. Stepan muss für Arzt und Medizin bezahlen.
So lebt die fünfköpfige Familie von einer kleinen staatlichen Unterstützung und dem bisschen, was Stepan durch den Verkauf von Fischen hinzuverdient. In drei kleinen Aufzuchtbecken neben dem Container züchtet er Forellen, die er verkauft oder gegen Eier und Wurst eintauscht. Aber oft kann er sich nicht einmal das billige Fischfutter leisten. Die Schafe sind deshalb für die Familie ein Geschenk des Himmels. Stepan und seine Frau arbeiten jetzt daran, dass der Verkauf von Fellen und Milchprodukten ihnen ein Einkommen verschafft, von dem sie tatsächlich leben können. Wenn im nächsten Jahr Lämmer geboren werden, dann können sie auch Fleisch verkaufen. Bis dahin unterstützt GAiN sie regelmäßig mit Lebensmittelpaketen, Waschmittel, Kleidung und Schuhen.
Stellen Sie sich vor, Ihre Kinder müssten jeden Tag auf der Straße stehen und Blumen verkaufen, bei Hitze, Regen und Schnee. Nur dann würde das Geld fürs Essen reichen und alle würden ein bisschen abbekommen. Eine schreckliche Vorstellung, nicht wahr? Für Familie P. aus der Stadt Garni war es der Alltag. 2006 lernten wir sie kennen und bauten ihnen ein Haus, damit sie menschenwürdig leben können. Wir investierten in die Schulbildung der Kinder und mittlerweile schloss die älteste Tochter Gayane ihr Studium ab. Diese Familie hat neue Hoffnung gewonnen!
Vielen weiteren Familien konnten wir inzwischen helfen, sich wieder selbst versorgen zu können.